Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Verkehr

Schafft jetzt Platz für

Radfahrerinnen und Fußgänger

Die Stadtregierung sollte die historische Chance nutzen. Ohne Mut wird sich im Salzburger Verkehr nichts ändern. Der Gewöhnungseffekt wird sich einstellen und die Unkenrufe der Altstadtkaufleute werden verstummen.
Eine Werkspost von:

Stefanie Ruep

15. Oktober 2025
Die Versprechen im Arbeitsübereinkommen der Stadtregierung sind groß: Der Radverkehrsanteil soll in der Stadt von 23 auf 30 Prozent erhöht werden. Das Budget für Radwege wurde auf vier Millionen Euro verdoppelt. Und auch für Fußgänger sollte mehr Platz geschaffen werden - etwa in der neuen Begegnungszone vom Karajanplatz bis zur Salzach. Mit der Rot-Rot-Grünen Stadtregierung gibt es die historische Chance etwas zu ändern. Nun muss Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) diese ergreifen und mutig die jahrelangen Baustellen im Rad- und Fußverkehr angehen.

Auch wenn es Widerstand geben wird oder bereits gibt – sobald die Veränderungen zugunsten des Zufußgehens und des Radfahrens umgesetzt sind, kann es sich keiner mehr anders vorstellen. Nicht viele wünschen sich etwa den Residenzplatz als großen Parkplatz zurück, oder den zweispurigen Stau in der Griesgasse, die heute eine Begegnungszone ist. Die ohnehin zähe Durchfahrt für den motorisierten Individualverkehr durch das Neutor wird ebenso wenig vermisst werden, wie der ständig überfüllte und stauverursachende Rot-Kreuz-Parkplatz, der die Touristenautos förmlich in die Altstadt zieht.

Sommertest ohne Rot-Kreuz-Parkplatz
Doch die ersten Vorhaben, die auch im Arbeitsprogramm stehen, kommen schon wieder ins Stocken. Der Rot-Kreuz-Parkplatz ist vorerst einmal aufgeschoben. Schuld sei das knappe Budget, mit dem sich der Einnahmen-Entgang durch den Parkplatz und die Neugestaltung im kommenden Jahr nicht ausgehen, heißt es vom Bürgermeister. Stattdessen soll es kommenden Sommer einmal einen zweimonatigen Testlauf ohne die 67 Stellplätze geben. Schon zuvor sind ÖVP und der Altstadtverband ausgeritten, um für den Erhalt der betonierten Autoabstellfläche mit bestem Salzach-Blick zu kämpfen. Wird offenbar Zeit ihnen zu sagen: Nicht Autos kaufen ein, sondern Menschen! Und die sind es vielleicht auch Leid, auf dem Weg in die Altstadt ständig vom Durchzugsverkehr und von Parkplatzsuchern daran gehindert zu werden, in die Getreidegasse zu kommen.

Nur zwei Kilometer neue Radwege
Auch Vizebürgermeister und Baustadtrat Kay-Michael Dankl (KPÖ Plus) darf sich nicht mehr länger von seinen Beamten in Geiselhaft nehmen lassen. Er sollte endlich in die Gänge kommen und die politische Entscheidung treffen, als Stadt eben mehr für die Radwege auf Landstraßen zu bezahlen. Die juristischen Auslegungen von Gutachten zum Landesstraßengesetz sind der Bevölkerung egal. Am Ende bleibt übrig, dass noch immer keine neuen Radwege gebaut werden. In den letzten acht Jahren sind nur lächerliche zwei Kilometer an neuen Radwegen dazugekommen. An vielen Hauptverkehrsrouten wie der Innsbrucker Bundesstraße, der Sterneckstraße oder beim Borromäum warten die Salzburgerinnen und Salzburger seit Jahren auf einen baulich getrennten, durchgängigen Radweg.

Von Auinger und Planungsstadträtin Anna Schiester (Bürgerliste) hat Dankl die Rückendeckung – beide sind bereit, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Es kann doch nicht sein, dass unter einer linken Stadtregierung diese Radwege ebenso wenig gebaut werden, wie unter einem ÖVP-Bürgermeister.

An einem Strang ziehen
Die Stadtregierung scheint nach eineinhalb Jahren auf dem Boden der Realität angekommen. Und dort sieht es düster aus, wie auch in der Werkspost Mitte September skizziert. Die anfängliche Aufbruchsstimmung ist teils politischem Hickhack und dem altbekannten Stillstand gewichen. Statt sich wie im Sommer schlechte Urlaubsgrüße auszurichten und darüber zu streiten, wer denn nun mehr arbeitet, sollten SPÖ und KPÖ an einem Strang ziehen. Der Wille bei der grünen Verkehrsstadträtin Anna Schiester, verkehrspolitische Dauerthemen endlich anzugehen, ist ohnehin vorhanden.

Wenn man jetzt Schritte setzt, die mehr Platz für Fußgänger und Radfahrerinnen schaffen, haben sich die Menschen bis zur Wahl daran gewöhnt. Sie werden es den amtierenden Politiker:innen auch an der Urne danken.

In der neuen Werkspost spricht Stefanie Ruep mit Samuel Felbermair, neuer Koordinator für Aktive Mobilität, über die Stellung von Radfahrerinnen und Fußgängerm im Verkehr.

Infobox:
  • Salzburg hat aktuell einen Radverkehrsanteil von 23 Prozent. Er könnte aber sehr viel höher sein. Vor allem wenn man bedenkt, dass 40 Prozent der zurückgelegten Wege in der Stadt kürzer als 2,5 Kilometer und 70 Prozent kürzer als fünf Kilometer sind. Also quasi ideal mit dem Fahrrad zurückzulegen. Zum Vergleich: In Innsbruck legen die Menschen mit 29 Prozent bereits mehr Alltagswege mit dem Fahrrad zurück als mit dem Auto, das auf 27 Prozent kommt. Mobilitätsforscher Harald Frey von der TU Wien hält für Salzburg einen Radfahranteil von 42 Prozent für möglich.
  • Um die Einnahmen aus dem Parkplatz für das Rote Kreuz zu kompensieren, müsste die Stadt jährlich 700.000 bis 800.000 Euro investieren. Das sei derzeit unrealistisch, heißt es von Bürgermeister Auinger. Im kommenden Jahr sollen die 67 Stellplätze vorerst für zwei Monate im Sommer stillgelegt werden und ein Konzept für eine neue Nutzung erstellt werden.
  • Stillstand herrscht seit sechs Jahren bei den lange geplanten Radwegen auf Landstraßen in der Stadt. Stadt und Land weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Dankl beruft sich auf das Landesstraßengesetz, in dem die Kostenteilung prinzipiell geregelt ist. Nur die Auslegung ist jeweils eine andere: Die Stadt sieht ihren Kostenanteil bei 30 Prozent, das Land wünscht sich eine 50:50 Aufteilung. Die wurde laut Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) im Herbst 2024 bereits beschlossen. Doch Dankl hat ein juristisches Gutachten dazu in seiner Abteilung in Auftrag gegeben. Die Beamten kommen zu dem Schluss, dass ein Mehrwert für die Stadt bestehen müsse, um mehr als 30 Prozent der Kosten zu tragen.

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