Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Salzburger Stadtpolitik

Gekommen, um zu bleiben? Die KPÖ steht vor schwierigen Aufgaben.

Die KPÖ ist in Salzburg stark wie noch nie in ihrer Geschichte. Der rasche Erfolg bringt aber auch Probleme mit sich und ist nicht ganz ohne Risiko.
Eine Werkspost von:

Thomas Neuhold

01. Mai 2024
Fassen wir zusammen: Zehn von 40 Gemeinderatsmandaten und den 1. Vizebürgermeister in der Stadt Salzburg, vier Landtagsmandate und zweitstärkste Oppositionsfraktion im Salzburger Landtag, dazu noch Mandate in Wals-Siezenheim und in Hallein. Die Kommunistische Partei Österreichs ist als KPÖplus in Salzburg binnen weniger Monate zu einer der bestimmenden politischen Kräfte aufgestiegen. Sie sitzt plötzlich auch in vielen Aufsichtsräten, hat Regierungsverantwortung in der Stadt und sie hofft, im Herbst vielleicht sogar in den Nationalrat einzuziehen.

In den kommenden Monaten muss sich der Gemeinderatsklub einarbeiten, KPÖ-Frontmann Kay-Michael Dankl muss das Ressort Wohnen-Boden-Bauen neu aufstellen und der Landtagsklub muss lernen, ohne ihren Ex-Klubchef Dankl Politik zu entwickeln. Das alles scheint machbar, die Personaldecke ist zwar nicht mächtig, aber wohl ausreichend. Auch in Graz ist die KPÖ eine eher kleine Partei, stellt aber als größte Gemeinderatsfraktion die Bürgermeisterin, den Finanz- und den Sozialressortchef.

Den Markenkern erhalten
Die Probleme und Risiken liegen woanders. Da ist einmal die sich – angesichts des Wahlergebnisses – abzeichnende De-Facto-Koalition in der Stadt mit SPÖ und Bürgerliste. Es führt zwar für Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) kaum ein Weg an der KPÖ vorbei, umgekehrt gilt das aber eben auch. Hier wird es viele Kompromisse und Zugeständnisse geben. Kay-Michael Dankl und seine Genossen und Genossinnen werden einen Weg finden müssen, trotz Regierungsverantwortung den Markenkern der KPÖ zu erhalten. Oder anders formuliert: Das Schlagwort von der „Politik mit dem Blick von unten“ will mit Inhalten gefüllt werden.

Um es an einem Beispiel zu sagen: Gelingt es der KPÖ nicht, Verkehrspolitik auch als Sozialpolitik zu begreifen und in den weniger betuchten Stadtteilen Radwegeinfrastruktur, Verkehrsberuhigung, Öffi-Anbindungen durchzusetzen, würde sie dem selbst postulierten „Blick von unten“ nicht gerecht. Die Parteibasis und der interessierte Teil der Wähler und Wählerinnen würden wohl bald nach dem Sinn der Regierungsbeteiligung fragen.

Gremienpolitik und Straßenkampagne
Zum Markenkern gehört auch die Kampagnenfähigkeit. Womit wir beim zweiten Risikogebiet wären. Die vergangenen Jahre waren – gestützt auf eine erstaunliche Anzahl von Aktivisten und Aktivistinnen – geprägt von einer Art Dauerwahlkampf. Dieses Tempo wird wohl schwer durchzuhalten sein. Viele der Aktivisten und Aktivistinnen sitzen nach den Wahlerfolgen plötzlich in diversen Gremien und sind dort ziemlich ausgelastet. Gleichzeitig lebt aber gerade die KPÖ vom permanenten Kontakt mit ihren Wählern und Wählerinnen auf der Straße, am Infostand, in der Nachbarschaftsküche, in Beratungsstunden. Es ist ein schwieriger Spagat zwischen Gremienpolitik und Straßenkampagne – aus Sicht der KPÖ ist er aber politisch überlebensnotwendig. In Graz ist er gelungen, die KPÖ ist gekommen und geblieben; die Dunkelroten an der Salzach werden das erst lernen müssen.

In der neuen Werkspost spricht Thomas Neuhold

mit dem designierten Vizebürgermeister der Stadt Salzburg Kay-Michael Dankl (KPÖplus).

Infobox

  • Die KPÖ wurde am 3. November 1918 gegründet. Die KPÖ ist damit die Partei mit der längsten ungebrochenen Kontinuität in Österreich.
  • Besondere Verdienste erwarb sich die KPÖ im antifaschistischen Kampf gegen die NS-Diktatur. Sie war die treibende Kraft des politischen Widerstandes. Etwa 2000 Kommunisten und Kommunistinnen wurden von den Nazis ermordet.
  • Die KPÖ ist eine der drei Gründungsparteien der Zweiten Republik. Sie verlor nach 1945 jedoch rasch an politischer Bedeutung. Im Kalten Krieg wurde der Antikommunismus quasi zur Staatsdoktrin. Der Niedergang war freilich auch selbst verschuldet, Fehler und Verbrechen in den sozialistischen Staaten wurden von der KPÖ oft kritiklos zur Kenntnis genommen oder verteidigt.
  • Der aktuelle Aufschwung der KPÖ begann in Graz in den 1990er-Jahren. Aktuell stellt die KPÖ in Graz die Bürgermeisterin, ist in vielen steirischen Gemeinden vertreten und hält zwei Landtagsmandate.
  • In der Stadt Salzburg hat die KPÖ als KPÖplus nach den Wahlen vom März 2024 zehn Gemeinderatssitze und stellt den Vizebürgermeister. Sie ist auch in den Gemeinderäten der Stadt Hallein und Wals Siezenheim vertreten. Im Salzburger Landtag hat die KPÖ vier Mandate.
  • Nach den Gemeinderatswahlen in Innsbruck im April 2024 hat die KPÖ auch in der Tiroler Landeshauptstadt drei Gemeinderatsmandate und damit Klubstatus. In der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz hält die KPÖ zwei Sitze im Gemeinderat.
  • Mit dem ehemaligen Parteivorsitzenden (1994 – 2006) Walter Baier stellt die KPÖ aktuell auch den Vorsitzenden der Europäischen Linken.
  • Für die Nationalratswahl im Herbst 2024 ist die Salzburgerin Bettina Prochaska eine der beiden Spitzenkandidaten.

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