Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Salzburger Landeshymne

Ein (erneutes) eindeutiges Bekenntnis

Kaum eine:r kennt sie, noch weniger singen sie und trotzdem wurde ihr ein eigenes Gesetz zuteil. Die Rede ist von der Salzburger Landeshymne. Mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ wurde das Lied “Land uns’rer Väter” juristisch verankert. Dass der Komponist Ernst Sompek Mitglied im NS-Lehrerbund war, Antisemiten protegierte, scheint die Landesregierung wenig zu stören.
Eine Werkspost von:

David Mehlhart

16. Oktober 2024
Schon 1928 hätte es eigentlich so weit sein sollen. Im Salzburger Landtag wurde damals einstimmig beschlossen, dass das im selben Jahr verfasste Lied “Land uns’rer Väter” zur offiziellen Landeshymne erkoren wird. Nur: Es wurde nie ein entsprechendes Landesgesetzblatt veröffentlicht. Ob derartige formaljuristische Weihen der Hymne — die im Vergleich zum schmissigen Rainermarsch ein wahres Schattendasein fristet — zu durchschlagender Popularität verholfen hätten, darf bezweifelt werden.

Was ihre Vorgänger im Chiemseehof verabsäumten, holte die aktuelle Salzburger Landesregierung im Juni diesen Jahres nach. Die ÖVP stimmte geschlossen mit der FPÖ, die dieses Gesetz anregte, für das Vorhaben. Aber woher nun dieser plötzliche Elan, das Lied aus dem Dornröschenschlaf des Halboffiziösen zu holen; denn gespielt wurde und wird es ja durchaus bei offiziellen Angelegenheiten wie der Eröffnung der Festspiele?

Stein des Anstoßes war ein offener Brief der IG Autorinnen und Autoren im April 2023 an die Landeshauptleute, in dem darauf hingewiesen wurde, dass fünf der acht Landeshymnen von NS-Parteigängern und/oder rabiaten Antisemiten verfasst wurden. Bearbeitungen und Adaptionen der Hymnen seien von Nöten, so die IG Autorinnen und Autoren, während im Fall von Salzburg eine gänzliche Neufassung unausweichlich sei. Die Antworten der Landeshauptleute kamen postwendend und fielen allesamt ablehnend aus. Haslauer verwehrte sich gegen ein “leichtfertiges Herumdoktern” an der Hymne, die für ihn ein “unverrückbares Identifikationssymbol” darstellt.

Die Urheber
Der Grund für dieses Anraten ergibt sich aus den Biografien der beiden Urheber. Der Komponist Ernst Sompek bewegte sich zeitlebens in deutschnationalen und antisemitischen Kreisen. Zwar trat er nie selbst der NSDAP bei, jedoch engagierte er sich im NS-Lehrerbund, korrespondierte mit rabiaten Antisemiten und wirkte daran mit, das Horst-Wessel-Lied für das Salzburger Glockenspiel zu adaptieren. Obwohl diese Umstände klar belegt sind, heißt es auf der Webseite des Bundeslandes lapidar: “Ernst Sompek stand dem deutschnationalen Lager nahe und war, obwohl keine NSDAP-Mitgliedschaft nachzuweisen ist, ein prominentes Mitglied der Salzburger Kulturszene während der NS-Zeit.”

Den Text steuerte der Kleriker Anton Pichler bei, der sich in den 1910er und 20er Jahren mit kitschigen Helden- und Heimatpoemen hervortat. Der Hymnentext selbst ist im Grunde keine weiteren Ausführungen wert. Würde man eine x-beliebe Künstliche Intelligenz auffordern, eine schwülstige Hymne mit dem Pathos des ausgehenden 19. Jahrhunderts, kombiniert mit staubiger Schollenromantik zu schreiben, käme wohl nicht viel anderes dabei heraus.

Man wird sich wundern
Man könnte die ganze Diskussion um die Hymne freilich auch als einen weiteren Schauplatz eines beständig tobenden culture war abtun, dessen momentanen Ausgang Andreas Schöppl von der FPÖ mit der Feststellung, dass die Hymne nun vor “linken Umtrieben” geschützt sei, zufrieden quittierte. Wäre da nicht der §284 des Strafgesetzbuches. Dieser sieht nämlich Haftstrafen von bis zu 6 Monaten vor, wenn ein Gericht die Hymne öffentlichkeitswirksam als herabgewürdigt, verächtlich gemacht oder als beschimpft erachtet. Das Gesetz wurde bis dato zum Glück nur selten exekutiert, aber ein Präsidentschaftskandidat meinte dereinst, man werde sich wundern, was alles gehen wird.

In der neuen Werkspost spricht David Mehlhart mit dem Autor Ludwig Laher, der maßgeblich an dem offenen Brief der IG Autor:innen beteiligt war.

Infobox:
  • Im Sammelband “O du mein Österreich. (K)eine Lobeshymnen (Hg. Ludwig Laher, Gerhard Ruiss, Christoph Janacs) können die Rechercheergebnisse zu den Landeshymnen nachgelesen werden. Er ist ab 26. Oktober erhältlich.
  • Ernst Sompek stellte dem Salzburger Volksblatt für einen Nachruf auf seinen engen Freund, den Komponisten Josef Reiter, in der Ausgabe vom 10. Juni 1939 eine Korrespondenz zwischen den beiden zum Abdruck zur Verfügung. Reiter schreibt dort: “Wenn ich ein Zauberer wäre, würde ich morgen früh an der Spitze von 200.000 Mann in Wien stehen: mittags wären dann schon alle Ringstraßenbäume mit aufgehenkten Juden und deren Regierungssöldlingen geschmückt und für den Pöbel würde die Prügelstrafe eingeführt.”
  • Die entsprechende Ausgabe kann hier nachgelesen werden: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=svb&datum=19390610&seite=9&zoom=33 (Seite 9)

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