Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Bürgerbeteiligung

Die Stadt gemeinsam gestalten

Zuerst ist eine politische Entscheidung zur Veränderung nötig. Danach sollten Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden, wie diese aussehen kann.
Eine Werkspost von:

Stefanie Ruep

27. November 2024
Große Bauvorhaben und städteplanerische Entscheidungen stehen in der Stadt Salzburg an. Das Neutor soll für den Durchzugsverkehr gesperrt, der Rot-Kreuz-Parkplatz an der Salzach aufgelassen und in Maxglan eine der größten verbliebenen Baulandreserven der Stadt mit rund 500 Wohnungen bebaut werden. Bei all diesen Vorhaben werden Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung eingebunden – was absolut zu begrüßen ist. Menschen einzubeziehen, wenn es um die Nutzung und Gestaltung von Stadträumen geht, bringt einen Mehrwert. Doch es braucht zuvor die politische Entscheidung für Veränderung.

Denn langfristige Projekte, bei denen weder Folgen noch Nutzen oder Kosten klar auszumachen sind, sind nicht dazu geeignet, über sie abstimmen zu lassen. Bestes Beispiel ist der S-Link. Ohne breite politische Entschlüsse sind derartige Verkehrsprojekte nicht umsetzbar. Die Entscheidungsgewalt auf die Bürgerbefragung auszulagern, führte dazu, dass die seit 35 Jahren diskutierte Verlängerung der Lokalbahn erneut versenkt wurde.

Angst vor Veränderung
Abstimmungen über Beschränkungen für den motorisierten Individualverkehr, wie das Neutor vom Durchzugsverkehr zu befreien, würden wohl ebenfalls negativ ausgehen. Denn die Menschen haben Angst vor Veränderungen vor allem, wenn sie den persönlichen Alltag betreffen. Hätte man die Bevölkerung gefragt, ob sie den Residenzplatz autofrei wollen, hätten sie ebenfalls Nein gesagt. Heute kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass der größte Platz der Mozartstadt einmal als Parkplatz diente. Es braucht daher zunächst mutige Politikerinnen oder Politiker, die sich trauen, vorerst unbeliebte Beschlüsse zu fassen.

Doch Menschen in die Gestaltung einzubinden, sobald diese Entscheidungen getroffen wurden, ist ein Gewinn für alle. Im direkten Austausch mit Betroffenen bekommen Planer wertvolle Einblicke in alltägliche Herausforderungen und Bedürfnisse, die übersehen werden könnten. Erfahrungen vor Ort liefern oft pragmatische Lösungen, die Außenstehenden vielleicht nicht in den Sinn kämen.

Kreative Lösungen durch Mitbestimmung
Der Dialog zwischen Fachleuten und Laien kann zu überraschend kreativen Lösungen führen. Freilich müssen Kommunikationsprozesse gut organisiert werden, um alle relevanten Stimmen zu hören und eine breite Beteiligung zu ermöglichen, wie auch Sarah Untner von Raumsinn, mit Expertise für Regional- und Quartiersentwicklung, im Podcast der Werkspost schildert. Doch mit Expertinnen und einem Mix an verschiedenen Formen der Beteiligung kann das gelingen.

Die Einbeziehung der Menschen hat aber auch eine wichtige demokratische Dimension: Bürgerbeteiligung schafft Transparenz und fördert die Akzeptanz von politischen Entscheidungen. Sie belebt den politischen Dialog und zeigt Menschen, dass nicht über sie hinweg entschieden wird.

Nicht als Feigenblatt missbrauchen
Bürgerbeteiligung muss jedoch ernst genommen werden. Das heißt, die Anregungen und Vorschläge müssen auch wirklich in die städteplanerischen Vorhaben einfließen. Ansonsten dient die Beteiligung nur als Feigenblatt, damit Projektentwickler oder Politikerinnen im Nachhinein sagen können, man habe eh Betroffene miteinbezogen.

Die Stadt Salzburg setzt Bürgerbeteiligung in vielen Bereichen bereits als Werkzeug ein. Gemeinsam mit den Menschen, die hier leben, kann so die Stadt lebenswerter, gerechter und zukunftsfähiger gestaltet werden.

In der neuen Werkspost spricht Stefanie Ruep

mit Sarah Untner von raumsinn.

Infobox:
  • Bürgerbeteiligung in Österreich kennt viele Formen. Dazu zählen auch direktdemokratische Instrumente wie die Volksabstimmung, Volksbegehren, Volksbefragungen. Es gibt aber auch nicht gesetzlich geregelte freiwillige Beteiligungsprozesse, wenn etwa öffentliche Stellen Gestaltungsspielräume bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben haben.
  • In Maxglan befindet sich direkt am Austria-Salzburg-Stadion eine der letzten großen unverbauten Baulandreserven der Stadt Salzburg. Auf der 5,3 Hektar großen Fläche soll eine komplett neue Siedlung mit bis zu 500 Wohnungen errichtet werden – die sogenannten Glan Gärten. Geplant sind neben Wohnungen auch ein Seniorenwohnhaus, ein Kindergarten, eine Bewohnerservicestelle sowie kleine Geschäfte.
  • Die erste Fußgängerzone in der Stadt Salzburg wurde 1973 unter anderem am Alten Markt, Domplatz und in der Getreidegasse eingerichtet. Seit dem Jahr 1983 sind große Teile der linken und rechten Altstadt für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, reserviert. 2010 wurden die Einfahrten zur Salzburger Fußgängerzone mit Pollern geschützt, da sich viele Autolenker nicht an die Verordnung hielten.

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