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Die Sozialdemokratie zerbröselt
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Andreas Babler trifft keine Schuld am Niedergang der österreichischen Sozialdemokratie. Verhindern kann er diesen aber auch nicht.
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Andreas Babler ist wahrlich nicht zu beneiden. Eigentlich hat er ja diesen Herbst alle Hände voll zu tun. Er soll für seine ohnehin angeschlagene SPÖ wenigstens ein paar Regierungssitze sichern. Währenddessen zerbröselt dem ehemaligen Bürgermeister von Traiskirchen die Partei. Wir erinnern uns: Quasi im Wochenrhythmus sind diesen Herbst die Landesparteivorsitzenden von Salzburg, Oberösterreich und Tirol zurückgetreten. Vorher musste schon der skandalgebeutelte Linzer Bürgermeister seinen Hut nehmen. Das Nationalratswahlergebnis war mit rund 21 Prozent ein Debakel, in Vorarlberg ist die SPÖ ohnehin nur mehr eine einstellige Kleinpartei (ähnlich wie in Graz). Das Wahlergebnis in der Steiermark brachte ein Minus und mit 21,4 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1945.
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Und damit nicht genug: Der verhaltensoriginelle Burgenländer tritt bei den Landtagswahlen im Jänner wieder nicht als SPÖ an, sondern kandidiert als Namensliste. Apropos verhaltensauffällig: Dass sich auch noch ein PR-Berater aus der C-Promi-Riege anschickt, Babler den Parteivorsitz streitig zu machen, rundet das clowneske Bild ab. Außerhalb Wiens gleicht die Organisation einem Trümmerfeld.
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Man mag an Babler herumnörgeln, so viel man will und vielleicht hat der ehemalige Bürgermeister einer niederösterreichischen Kleinstadt sich mit dem Job eines Bundesparteivorsitzenden übernommen, für den aktuellen Zustand seiner Partei ist er aber nicht verantwortlich. Es grenzt an ein Wunder, dass Babler trotz Dornauer, Luger, Doskozil oder den Intrigen einer Doris Bures noch immer Parteichef ist. Dass er als “brandgefährlicher Marxist“ gesprungen und in den Regierungsverhandlungen als Beiwagerl von ÖVP und Neos landen wird, steht auf einem anderen Blatt.
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Sozialdemokratischer Neoliberalismus
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Will man die Krise der SPÖ beziehungsweise der Sozialdemokratie an sich verstehen, muss man tiefer graben – die Fussis, Dornauers allein sind nicht die Ursache, sie sind nur Ausdruck dieser Krise. Wenn ein ehemaliger von der SPÖ gestellter Innenminister im privaten Gespräch offen bekennt, FPÖ zu wählen, wenn ein ehemaliger SPÖ-Bundesgeschäftsführer im ebenso privaten Gespräch offen bekennt, Neos zu wählen, wird klar, welch Geistes Kinder sich da in den Führungsetagen der Sozis tummelten und tummeln.
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Im Kern geht es um die Frage, in welcher Gesellschaftsordnung wollen wir leben? Für die Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung war die Antwort über Jahrzehnte (wenn auch in unterschiedlichen Ausformungen) der Sozialismus. Dann kam die Absage an den Klassenkampf – die Sozialpartnerschaft. Das war, wie wir jetzt wissen, eine einseitige Abrüstung. Der Klassenkampf von oben ging ja weiter. Und spätestens nach 1989 und dem Zusammenbruch der sozialistischen Staatengemeinde haben die sozialdemokratischen Parteien den Neoliberalismus für sich entdeckt. Wenn heute die britische Labour-Regierung übergewichtigen Arbeitslosen Abnehmspritzen verabreichen will, damit diese wieder dem Markt zur Verfügung stehen, ist das nur der vorläufige dystopische Höhepunkt des Neoliberalismus sozialdemokratischer Prägung. Eine soziale Perspektive ist das nicht.
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In der neuen Werkspost spricht Thomas Neuhold
mit Wolfgang Radlegger, ehemaliger SPÖ-Landes-parteivorsitzender, zur aktuellen Situation der SPÖ.
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- Aktuell dürfte die SPÖ rund 147.000 Mitglieder zählen. Das ist die aktuellste Zahl, die rund um die Debatten um die Parteiführung im März 2023 nach außen gedrungen ist. Zum Vergleich: In der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre waren über 700.000 Österreicher und Österreicherinnen Parteimitglieder der SPÖ.
- Nationalratswahlergebnis September 2024: rund 21 Prozent.
- Bei der Landtagswahl im Frühjahr 2023 erreichte die SPÖ in Salzburg 17,87 Prozent, in Tirol (2022) rund 17,5 Prozent, in Oberösterreich (2021) rund 18,5 Prozent. In Vorarlberg steht die SPÖ bei neun Prozent.
- Bei der jüngsten Landtagswahl in der Steiermark am 24. November 2024 erreichte die SPÖ 21,4 Prozent.
- Im Burgenland wird am 19. Jänner gewählt. Hier sind rund 250.000 Menschen wahlberechtigt.
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