Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Dauerhafter Platz für die Subkultur

Kerzenfabrik für immer!

Ein selbstverwaltetes Kulturzentrum in Salzburg braucht es auf Dauer. Die Stadtregierung ist der freien Szene auch noch einen zentralen Raum schuldig.
Eine Werkspost von:

Stefanie Ruep

07. August 2024
Es ist das kleine Berlin in Salzburg. Betritt man die Kerzenfabrik in Schallmoos, könnte man meinen, in der Kulturfabrik Moabit oder am RAW-Gelände zu sein – nur etwas kleiner. Hier gibt es im Sommer keine Festspiele sondern Subkultur: Veranstaltet werden Lesungen, Ausstellungen, Filmvorführungen, Konzerte und Partys. Mehrere Künstlerkollektive, Kulturtätige und Menschen aus der Clubkultur haben sich dort zusammengefunden. Sie nutzten die Studios, Ateliers und den Freiraum in der stillgelegten Kerzenmacherei der Firma Nagy.

Innerhalb von nicht einmal drei Jahren ist hier ein de facto selbstverwaltetes Kulturzentrum entstanden - und das auch noch in einem Leerstand. Die optimale Symbiose von einem ungenutzten, aber zentral gelegenen Gebäude und dem dringend benötigten Freiraum für eine Szene. Jedoch nur auf Zeit: Denn die Übereinkunft mit den Besitzer für die Nutzung ist begrenzt. Bis Ende des Jahres läuft der aktuelle Vertrag. Dann verhandelt die SUPER Initiative, die die Initialzündung für das Projekt in Schallmoos gab, erneut oder sucht eben ein neues leerstehendes Haus.

Leerstand beflügelt
Diese temporäre Zwischennutzung von Leerstand in der Stadt beflügelt freilich das kulturelle Leben. Umgebung und Atmosphäre der Räumlichkeiten können auch das künstlerische Schaffen beeinflussen. Egal ob im leeren Geschäftslokal am Ende der Linzergasse oder im ehemaligen Personalhaus des Landeskrankenhauses – die Bespielung der Leerstände bringt für alle Beteiligten einen Mehrwert.

Doch es braucht auch einen fixen, zentralen Raum, wo sich junge Menschen aus der Kunst- und Kulturszene entfalten können. Aus der Kerzenfabrik hat sich die Initiative „Macht Platz!“ entwickelt, die genau das fordert: Ein Haus für künstlerische Vielfalt im Stadtgebiet. Dazu hat der Verein auch eine Kampagne und eine Unterschriftenaktion gestartet, die mittlerweile knapp 1500 Menschen unterstützen. Das Stichwort für ein Haus der Subkultur ist "im Stadtgebiet"! Denn viel zu oft wurde die Szene abseits der Hochkultur bereits an den Rand der Stadt gedrängt, etwa beim Jugendkulturzentrum MARK.

Ersatz für die Rauchmühle
Die Stadt ist der Subkultur-Szene ein neues Zentrum auch noch schuldig, nachdem die Rauchmühle abgesagt wurde. Neben den neuen Wohnungen gleich an der S-Bahn Aiglhof hätten Proberäume und ein Kulturzentrum entstehen sollen – die ÖVP-Mehrheit kippte das Vorhaben jedoch. Die Proberäume für Theater und Tanz sind nun auf den Hannak-Gründen in Gnigl realisiert. Ein neues Haus für die Subkultur ist noch ausständig.

Die Rot-rot-grüne Stadtregierung dürfte jedenfalls die Wichtigkeit des Anliegens der jungen Kulturtätigen ernst nehmen. Zumindest hat die Kerzenfabrik schon im Arbeitsübereinkommen der Stadtregierung ihren Niederschlag gefunden. Wörtlich steht darin: „Die mittelfristige Absicherung von kulturellen Zwischennutzungen ist anzustreben. Sollte dies nicht möglich sein, sind in Kooperation mit den dort tätigen Nutzergruppen alternative Räumlichkeiten zu suchen/zu entwickeln.“

In Bologna hat die Stadtregierung einen besetzten Supermarkt aufgekauft und der dort bereits entstandenen Szene überlassen. Auch Salzburg sollte sich bemühen das Areal in der Sterneckstraße zu halten. Die Aufbauarbeit des Zentrums ist von der Kulturszene selbst schon erledigt worden.

In der neuen Werkspost Podcast spricht Stefanie Ruep mit Stefan Heizinger von der SUPER Initiative und Bildhauerin Romina Roman.

Infobox:
  • Die SUPER Initiative bringt Besitzer leerstehender Gebäude mit möglichen Zwischennutzern in Salzburg zusammen. Bis die Räumlichkeiten saniert, verkauft oder vermietet sind, werden sie von SUPER vorübergehend als Vereinslokal für kulturelle Zwecke geführt. Die Initiative kommt für Betriebskosten, Strom, Heizung und Betreuung der Räumlichkeiten auf. Kulturtätige können die Räume dann als Atelier, Ausstellungsraum, Bühne, Co-Working-Space, Studio oder Proberaum nutzen. 2015 wurde der Verein SUPER gegründet.
  • Macht Platz! ist ein Verein, der sich aus der Kerzenfabrik entwickelt hat. Er hat eine Kampagne und Petition für ein Haus der künstlerischen Vielfalt gestartet.
  • Die neue Stadtregierung aus SPÖ, KPÖ Plus und der Bürgerliste hat in ihrem Arbeitsprogramm das Ziel aufgenommen, einen Raum für die Subkulturszene zu schaffen. Zudem will die linke Regierung die Vergnügungssteuer abschaffen, was die freie Szene seit Jahren fordert.

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