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Gedenkkultur ohne
Antifaschismus ist zu wenig
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Kommendes Jahr jährt sich die Befreiung vom Nationalsozialismus durch die Truppen der Alliierten im Jahr 1945 zum 80. Mal. Landauf und landab wird vielerorts im Kleinen wie im Großen gedacht und erinnert werden. Inzwischen hat sogar die ÖVP die Erinnerungskultur entdeckt. Bleibt die Frage: Was soll die ganze Erinnerungskultur, wenn sie keine Wirkung im politischen Jetzt hat?
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Wir gedenken der Opfer des Nationalsozialismus, wir erinnern an die Gräuel des von den Nazis entfachten Weltbrandes. In Salzburg ist dabei in den vergangenen Jahren auffallend oft auch die ÖVP dabei – zuletzt hatte Landeshauptmann Wilfried Haslauer sogar den Ehrenschutz für die Gedenktage in Goldegg übernommen, die an den Sturm einer SS-Todesschwadron auf den kleinen Pongauer Ort im Jahr 1944 erinnert haben. Man darf die ÖVP, die – um beim Beispiel Goldegg zu bleiben – jahrelang passiv und/oder verhindernd aufgetreten ist, zum Gesinnungswandel beglückwünschen.
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Darf man wirklich? Immerhin ist das auch jener Landeshauptmann Haslauer, der ohne viel Genierer die FPÖ in die Landesregierung geholt hat. Immerhin ist das auch jene ÖVP, die bei Bedarf jederzeit mit der FPÖ paktiert – in Salzburg und anderenorts.
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Entlastungserzählung und Doppelmoral
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Über den politischen und inhaltlichen Charakter der FPÖ brauchen wir an dieser Stelle nicht allzu viele Wort verlieren; auch Haslauer und der ÖVP dürfte das Wesen der FPÖ nicht verborgen geblieben sein. (Weiter unten zur Erinnerung eine aktuelle Dokumentation von SOS-Mitmensch zum Thema FPÖ.)
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Was ist also dann davon zu halten, wenn ranghöchste ÖVP-Funktionäre und -Funktionärinnen – etwa auch Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf – bei Gedenkveranstaltungen an die Nazi-Opfer auftreten, aber gleichzeitig mit der FPÖ im Koalitionsbett kuscheln? Ist das einfach nur Doppelmoral, oder steckt da mehr dahinter? Der Verdacht liegt nahe, dass die Erinnerungs- und Gedenkarbeit hier politisch als Art Entlastungserzählung instrumentalisiert wird: Seht her, wir sind nicht so – auch wenn wir mit der FPÖ packeln. Das Ganze schmeckt sehr nach Polit-Taktik und erinnert stark an Jörg Haiders „wofür ich mich meinetwegen entschuldige“. In der Abwandlung würde das dann heißen, „meinetwegen gedenken wir halt.“ Das Gedenken wird so zur Ersatzhandlung für antifaschistische Politik.
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Die Rolle des politischen Widerstandes betonen
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Für die Antifaschisten und Antifaschistinnen – hier vor allem für die Nachfahren der Opfer der NS-Mordmaschine – ist die Situation nicht einfach. Auf der einen Seite haben sie lange um eine staatliche, um eine offizielle Anerkennung gerungen. Auf der anderen Seite merken jetzt viele, dass ihr Anliegen verwässert wird und vor allem, dass die ganze Erinnerei wenig Widerhall im politischen Jetzt findet.
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Manche sind inzwischen dazu übergegangen, Gedenkveranstaltungen, bei denen Vertreter oder Vertreterinnen von Schwarz-Türkis-Blau beteiligt sind - so gut es geht - zu meiden. Neben dieser – individuell verständlichen – Haltung bedarf es aber auch eines kollektiven Umgangs der Antifaschisten und Antifaschistinnen mit der Entpolitisierung der Erinnerungskultur. Und das kann nur heißen, wieder verstärkt den organisierten politischen Widerstand in den Mittelpunkt zu holen. Ohne dabei andere Opfergruppen zu entwerten, muss klar werden, dass es „die Politischen“ waren, die aktiv und organisiert gegen Nationalsozialismus, Faschismus und Krieg aufgetreten sind. Daraus kann man nämlich auch die richtigen Schlüsse für das Hier und Heute ziehen.
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- SOS-Mitmensch hat im Juli 2024 ein umfangreiches Dossier veröffentlicht, dass die Verflechtungen der FPÖ in den vergangenen zehn Jahren mit der rechtsextremen Szene dokumentiert. Auch wenn der Inhalt der Dokumentation wenig überraschend scheint, in seiner Dichte ist das Bild dennoch erschreckend eindeutig.
- Zitat SOS-Mitmensch: „Was wir in unserem Bericht offenlegen, sprengt alles, was es bisher an parteipolitischer Radikalisierung in Österreich gegeben hat! Wir konnten 90 FPÖ-Personen identifizieren, die in den vergangenen zehn Jahren konkrete Verflechtungspunkte zu rechtsextremen Szenen aufgewiesen haben. Dazu zählen große Teile der Parteispitze, wie etwa Obmann Kickl, EU-Spitzenkandidat Vilimsky, die Generalsekretäre Schnedlitz und Hafenecker, der dritte Nationalratspräsident Hofer sowie viele weitere hochrangige FPÖ-Politiker:innen.“
- SOS-Mitmensch leitet sechs zentrale Schlussfolgerungen aus dem Dossier ab (gekürzt):
- Die Dichte an rechtsextremen Verflechtungspunkten der FPÖ ist extrem hoch.
- Die Verflechtungen sind kein Zufall, sondern geschehen im vollen Wissen, dass Verfassungsschutzeinrichtungen betreffende Gruppierungen als extremistisch einstufen.
- Die Nähe zu Rechtsextremisten wird von der FPÖ aktiv gesucht.
- Die FPÖ fördert aktiv Medienkanäle, deren Ursprünge in der Neonaziszene liegen.
- Personen, die Mitglieder in rechtsextremen Verbindungen sind, werden von der FPÖ an zentralen Schaltstellen der Partei positioniert.
- Ideologieelemente, die von Verfassungsschutzeinrichtungen als charakteristisch für die neuen rechtsextremistischen Szenen beschrieben werden, werden immer öfter wortident von der FPÖ propagiert.
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