Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Kinderbetreuung

Die Herdprämie ist für Frauen

ein Rückschritt

Durch die ungleiche Verteilung von unbezahlter Pflegearbeit haben Mütter weniger Karrierechancen und sind viel öfter von Altersarmut betroffen. Auch auf den Arbeitsmarkt und die Kinder hat der Bonus fürs Daheimbleiben Auswirkungen.
Eine Werkspost von:

Stefanie Ruep

28. Mai 2025
FPÖ-Chefin Marlene Svazek plant die Einführung einer Förderung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Das würde einen enormen Rückschritt für Frauen bedeuten. Denn durch die ungleiche Verteilung von unbezahlter Pflegearbeit haben Frauen, wenn sie länger zuhause bleiben auch langfristige Nachteile bis hin zur drohenden Altersarmut.

Svazek spricht davon, den Frauen die Wahlfreiheit zu lassen. Doch oft haben Frauen nicht die Wahl. Die Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind vor allem in ländlichen Gegenden nicht flächendeckend gegeben. Nicht einmal die Hälfte (48 Prozent) der Kinderbetreuungsplätze in Salzburg ermöglicht den Eltern eine Vollzeit-Berufstätigkeit, wie der Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf (VIF) zeigt. In jeder zehnten Salzburger Gemeinde gibt es immer noch kein Angebot für unter Dreijährige. Diese Lücke kann nicht mit einer Förderung geschlossen werden, die Mütter dazu verleitet länger zuhause zu bleiben und später wohl auch nur Teilzeit zu arbeiten. Stattdessen muss die Kinderbetreuung ausgebaut werden.

In Oberösterreich, wo es bereits seit 2004 einen Bonus für Heimbetreuung gibt, zeigen sich die Auswirkungen bereits: In keinem anderen Bundesland sind Frauen so häufig wegen Betreuungspflichten in Teilzeit. Gleichzeitig gibt es dort bundesweit die wenigsten vollzeittauglichen Kindergartenplätze.

Das geplante Modell als Förderung für Eltern zu sehen und damit auch die Männer einzuschließen, ist zwar gut gemeint. Doch die Realität sieht anders aus: Egal ob Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen oder Hausarbeit – Frauen übernehmen in Österreich immer noch den Löwenanteil an unbezahlter Arbeit. Das nennt sich „Gender Care Gap“ und dieser beträgt hierzulande 43 Prozent. Das heißt Frauen übernehmen fast doppelt so viele unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Gleichzeitig ist Österreich mit nur 16 Prozent der Väter, die sich an der Elternkarenz beteiligen das EU-Schlusslicht. In Salzburg sind es noch weniger: Nur 15,3 Prozent der Väter nehmen sich überhaupt eine Kinderauszeit und nur ein Prozent für eine Dauer von drei bis sechs Monate.

Die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit hat gravierende Auswirkungen, die durch die geplante Maßnahme weiter verschärft werden. Eine Aufzählung ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Frauen, die länger zuhause bleiben, landen oft in der Teilzeitfalle, wenn weiterhin keine adäquaten Kinderbetreuungsplätze vorhanden sind. Sie verlieren Arbeitserfahrung, verpassen Aufstiegschancen und erleiden Einkommensverluste. Und das wirkt sich auch im Alter aus. Sie haben geringere Pensionsansprüche und ein viel höheres Risiko in die Altersarmut zu schlittern. In Österreich gibt es ohnehin schon eine geschlechtsspezifische Pensionslücke von 41,1 Prozent.

Ein weiteres Thema, das vor allem der ÖVP zuletzt sehr wichtig war, ist es den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen. Da muss man sich doch fragen, was der Koalitionspartner ÖVP und damit auch die kommende Landeshauptfrau Karoline Edtstadler dazu sagt. Denn das steht im krassen Widerspruch zum Ruf der Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung nach mehr Arbeitskräften angesichts des Fachkräftemangels. Wenn die Frauen zum Zuhause bleiben ermutigt werden, sind sie für den Arbeitsmarkt nicht verfügbar.

Auch für die Kinder hat die Herdprämie Folgen. Denn Kinderkrippen und Kindergärten leisten wichtige Bildungsarbeit und sind keine Aufbewahrungsstätten. In Österreich wird Bildung leider immer noch vererbt. Je früher Kinder also in Bildungseinrichtungen kommen, desto eher haben sie die Chance auf einen gerechten Zugang zur Bildung unabhängig von ihrem sozialen Background. Elementarpädagogik ist zudem ein ganz wesentlicher Teil der Integration.

Das traditionelle Familienbild wird weiter einzementiert. Wenn Frauen die unterbezahlte Karenz verlängern, verstärkt das auch die traditionelle Rollenverteilung. Frauen machen sich abhängig von ihrem Partner.

In der neuen Werkspost spricht Stefanie Ruep mit Ines Grössenberger, Referentin für Frauenpolitik bei der AK Salzburg, über die geplante Herdprämie.

Infobox:
  • Nur 15,3 Prozent der Väter in Salzburg gehen laut AK Wiedereinstiegsmonitor in Karenz. Nur ein Prozent geht drei bis sechs Monate und 0,4 Prozent gehen mehr als ein halbes Jahr. In 84,7 Prozent der Partnerschaften nehmen Väter keine Kinderauszeit.
  • Die Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern unter drei Jahren liegt laut dem Rechnungshof aktuell bei 42 Prozent – bei Männern liegt sie im gleichen Zeitraum bei 93 Prozent.
  • In jeder zehnten Salzburger Gemeinde gibt es immer noch kein Angebot für unter Dreijährige.
  • Der Ökonom Josef Zweimüller hat in einer Studie gezeigt, dass selbst zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes das Einkommen von Frauen in Österreich um 51 Prozent unter dem Wert im Jahr vor der Kindergeburt liegt. Diese lang nachwirkende "motherhood penalty" erkläre in Wahrheit laut Zweimüller 80 Prozent der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen.

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