Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Wohnungsnot in Salzburg

Wohnungsnot lässt sich nicht schönreden!

Die ÖVP lässt sich Österreich nicht schlechtreden. Kanzler Karl Nehammer will nicht hören, dass sich in Österreich Familien kein warmes Mittagessen leisten können und empfiehlt McDonald's-Burger für die Kinder. Mütter, die Teilzeit arbeiten, müssten eben einfach mehr arbeiten, so ein weiterer Vorschlag des Bundeskanzlers. Und der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer sieht in Salzburg keine Wohnungsnot. 'Wenn wir Wohnungsnot hätten, hätten wir Obdachlosigkeit, unser Problem ist die Kostenseite, es ist zu teuer geworden,' sagte Haslauer.
Eine Werkspost von:

Stefanie Ruep

01. November 2023
Freilich können Regierende die Augen vor der Realität verschließen; nur so werden keine Probleme gelöst. Fakt ist, dass in Salzburg mindestens 1.557 Menschen von Wohnungsnot betroffen sind. Das bedeutet, sie sind entweder obdachlos, haben keine Wohnung und kommen bei Freunden, in Einrichtungen oder Pensionszimmern unter oder sind von einer unzumutbaren Wohnsituation betroffen. 411 Personen waren obdachlos und mussten Nächte im Freien oder in einer Notunterkunft verbringen. Das zeigt die jährliche Wohnbedarfserhebung des Forums Wohnungslosenhilfe Salzburg.

Erhoben werden Menschen, die zumindest einmal bei einer Einrichtung in Salzburg Hilfe gesucht haben. Betroffene, die sich noch an keine Anlaufstelle gewendet haben, können nicht erfasst werden – daher ist die Dunkelziffer hoch. Wohnungsnot ist auch kein reines Armutsproblem in Salzburg. Seit Jahren betrifft sie immer mehr Menschen mit mittleren Einkommen. Bedrohlich ist die Lage vor allem bei den Kleinsten. 371 Kinder und Jugendliche sind in Salzburg von akuter Wohnungsnot betroffen, so viele wie noch nie zuvor. Diese Kinder haben von Beginn an schlechtere Chancen als andere. Ein McDonald's-Hamburger kann für sie nicht die Lösung sein.

Für alle, die es genauer wissen wollen:

Peter Linhuber, der Leiter von VinziDach Salzburg

im Werkspost-Gespräch.

Seit Jahren steigen die Wohnkosten in Salzburg, die Einkommen und Sozialleistungen sind jedoch nicht im gleichen Ausmaß erhöht worden. Allein in der Stadt Salzburg liegen 1.900 Anträge für eine geförderte Mietwohnung von 4.300 betroffenen Menschen vor. Es gibt also ein Missverhältnis zwischen Wohnraumbedarf und Wohnungsangebot – so wird Wohnungsnot definiert. Salzburg befindet sich also bereits im Wohnungsnotstand, auch wenn sich ÖVP, FPÖ und Neos in der Stadt Salzburg dagegen ausgesprochen haben, diesen nach Innsbrucker Vorbild auszurufen.

Haslauer und die Stadt-ÖVP müssen nur etwas weiter nach Südwesten von Europa schauen, um zu sehen, was Salzburg noch bevorstehen könnte. In Lissabon geht wegen der anhaltenden Wohnungsnot mittlerweile die Mittelschicht auf die Straße. Und auch bei den im Frühling anstehenden Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen kann das Thema leistbares Wohnen mitunter wahlentscheidend sein.

Es ist falsch, die Wohnungsnot zu leugnen, sie kleinzureden, sie zu ignorieren. Die ÖVP spricht betroffenen Menschen ihre Existenz ab, anstatt ihre Situation zu verbessern. Die Landespolitik hätte jedoch viele Hebel für leistbares Wohnen in der Hand: von einer Reform der Wohnbauförderung über eine Mietpreisbremse, Leerstandsmobilisierung bis hin zu höheren Wohnbeihilfen, wenn das eigene Einkommen nicht ausreicht. Doch stattdessen negiert die regierende ÖVP das Problem und schiebt das Wohnbauressort schon seit zehn Jahren dem kleineren Koalitionspartner zu, ohne ernsthafte Bereitschaft zur Reform.

Es mag wohl sein, dass die Spitzen der ÖVP selbst im Einfamilienhaus oder der Eigentumswohnung sitzend nicht nachvollziehen können, was es heißt, keine leistbare Wohnung in Salzburg zu finden. Doch als regierende Partei sollte man den Bezug zur Realität vieler Salzburgerinnen und Salzburger dennoch nicht verlieren.

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