Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Wohnungspolitik in Salzburg

Südtiroler Siedlung:

Widerstand kann etwas bewegen

Mit dem geplanten Abriss der Siedlung verliert Salzburg mehr als 200 leistbare Wohnungen.
Eine Werkspost von:

Flora Platzer

29. November 2023
Die Südtiroler Siedlung darf nicht dem Erdboden gleichgemacht werden; nur eine Sanierung kann leistbaren Wohnraum erhalten. Für dieses Ziel setzt sich die Stadtregierung jedoch nicht engagiert genug ein. Dass der Widerstand der Bewohner:innen gegen den milliardenschweren Immobilienkonzern BUWOG nicht zwecklos ist, zeigt der zurückgezogene Interessenbescheid. Unbefristete Mietverträge können somit gerichtlich nicht durch den Konzern gekündigt werden.

Vor 84 Jahren wurde die Südtiroler Siedlung in Liefering zwischen der Bessarabierstraße und der Münchner Bundesstraße erbaut. Im Zweiten Weltkrieg entstanden die Siedlungen durch das Hitler-Mussolini-Abkommen, welches Südtiroler:innen zu einer Entscheidung zwang: Entweder in Italien zu bleiben und ihre Kultur aufzugeben oder ihre Heimat zu verlassen und ins "Deutsche Reich" auszuwandern, was 75.000 Menschen taten.

Im März 2022 verkündete die "Bauen und Wohnen Gesellschaft", kurz BUWOG, der die Siedlung mittlerweile gehört, dass diese abgerissen wird. Alle 220 Wohnungen unterliegen noch einer gesetzlichen Preisregelung, die mit dem Neubau jedoch entfällt. Mieten könnten von derzeit 5 auf marktübliche 20 Euro pro Quadratmeter steigen. Nur ein Drittel der rund 360 neuen Wohnungen soll geförderter Wohnbau werden. Selbst dort würden sich die Mieten verdreifachen. Die BUWOG ist nicht mehr in staatlichem Besitz. Sie wurde 2004 privatisiert. Inzwischen ist die BUWOG Teil des deutschen Immobilienkonzerns Vonovia.

Für alle, die es genauer wissen wollen:

Karin Edtbrustner, Obfrau des Mieterschutzverbandes, und Hans Werner, seit 40 Jahren Mieter in der Siedlung

im Werkspost-Gespräch.

Rund 60 Bewohner:innen haben unbefristete Mietverträge, wollen größtenteils in der Siedlung bleiben und sind, kurz gesagt, für den Konzern unbequem. Daher hat die BUWOG im Januar einen Interessenbescheid bei der Stadt Salzburg eingereicht, bei dem abgewogen werden sollte, ob öffentliches Interesse besteht, die Siedlung abzureißen. Mit einem positiven Bescheid hätte der Konzern unbefristete Mietverträge gerichtlich kündigen können. Angesichts des Widerstandes der Mieter:innen und der Gemeinderatswahl im März 2024 lenkte die Stadtregierung ein und drohte Verordnungsverfahren auf Eis zu legen, würde die BUWOG den Bescheid nicht zurückziehen, was diese Mitte September auch tat.

Die Sanierung scheitert am Profitinteresse.
Die BUWOG plant barrierefreie Ersatzwohnungen für die Mieter:innen auf der Grünfläche im Innenhof der jetzigen Anlage zu errichten. Die Mieter:innen würden dabei fast zwei Jahre lang mitten in einer Großbaustelle untergebracht. Auch wenn die Mieten an das Einkommen angepasst werden sollen, steigen sie im Vergleich zur aktuellen Miete um ein Vielfaches. Die Mietstaffelung verfällt, wenn die derzeitigen Bewohner:innen ausziehen. Als zweite Möglichkeit bietet die BUWOG den Wohnblock in der Buchenländerstraße an, der als einziger stehen bleibt. Die 16 Wohnungen dort werden jedoch nicht, wie zuerst angekündigt, generalsaniert und barrierefrei gemacht. Der Umzug soll 2026 stattfinden. Konkrete Pläne kommen im Frühjahr 2024.

Die Sanierung der Südtiroler Siedlung scheitert nicht an der Machbarkeit, sondern am Profitinteresse. Im Vorarlberger Bludenz wurde eine ähnliche Siedlung erfolgreich von einem gemeinnützigen Bauträger saniert, und im Tiroler Reutte steht sogar die Hälfte der Siedlung, die der Gemeinde gehört, unter Denkmalschutz. Dass mit dem Abriss leistbares Wohnen für jetzige und zukünftige Mieter:innen verloren geht, nimmt die Stadtregierung nicht ernst. Andernfalls würde sie sich gegen die BUWOG stellen und für eine Sanierung kämpfen.

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