Werkspost – der politische Salzburg-Kommentar
Massentourismus in Salzburg

Touristenmassen sind nicht normal

Sie sind wieder da. Die Touristenmassen wälzen sich durch die Getreidegasse, die Brücken über die Salzach sind verstopft und die Busse ins Salzkammergut überfüllt. Für die ÖVP mag das zurück zur Normalität sein, ein „Nature is healing“ für das Freilichtmuseum von Mozart und Sound of Music. Doch in Wahrheit wurde die Chance verpasst, etwas gegen den Massentourismus in Salzburg zu unternehmen.
Eine Werkspost von:

Stefanie Ruep

06. September 2023
Stadt und Land überschlagen sich wieder mit den Jubelmeldungen: Die Tourismuszahlen sind auf Vor-Corona-Niveau, und neue Rekorde an Nächtigungen landesweit können verzeichnet werden. Offenbar wurde völlig vergessen, wie groß der Ärger und Zorn der Einheimischen bereits war. 2019 platzte einigen Salzburgerinnen und Salzburgern der Kragen: Immer wieder wurden Touristen beschimpft, oder ihnen der Stinkefinger gezeigt, weil es kein Durchkommen im Alltag gab. Die Corona-Krise verschaffte ihnen eine unverhoffte Verschnaufpause vom Overtourismus. Doch nun ist alles wie gehabt.

Es fahren weiter die Reisebusse mitten in die Stadt und spucken die Tagestouristen in der Paris-Lodron-Straße aus. Die Einbahnstraße im Andräviertel ist sowieso ein Hitze-Hotspot, in dem die drei mickrigen Topfpflanzen der heißen Betonwüste nichts entgegenzusetzen haben. Die Anwohner leiden unter Lärm, Abgasen und Besuchern, die auch noch ihre Notdurft in der Gasse verrichten, weil nicht einmal ein öffentliches WC bereitsteht. Weg mit dem Busterminal und her mit einem Radweg, um die Linzer Gasse den Fußgängern zu überlassen.

Zwei Drittel Tagesgäste kommen überhaupt mit dem eigenen Auto und stauen sich mitten in der Innenstadt. Die Mönchsberggarage ist schließlich günstiger als der Park-and-Ride-Parkplatz am Stadtrand, wo sie eigentlich stehen sollten. Die versprochene Verkehrsberuhigung zwischen Neutor und Salzach ist immer noch nicht umgesetzt. Neue Hotels werden aus dem Boden gestampft. Sie wurden noch schnell vor der Bettenobergrenze eingereicht. Und in der Getreidegasse und Kaigasse bleiben immer mehr Schaufenster leer, weil Geschäfte ausziehen. Es werden wohl Souvenirläden einziehen. Parallel dazu wird als eine der ersten Handlungen der schwarz-blauen Regierung der Europark ausgebaut.

Für alle, die es genauer wissen wollen:

Fremdenführerin Naomi Akyol-Mogil

im Werkspost-Gespräch.

Weder der Landeshauptmann, der das Tourismusressort nun an seinen Nachfolger Stefan Schnöll abgegeben hat, noch der für den Tourismus verantwortliche Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP), der bei der kommenden Wahl nicht mehr antritt, hatten ein Konzept gegen den Massentourismus. Auch die städtische Tourismuschefin Christine Schönhuber hat im Interview mit den Salzburger Nachrichten gesagt, es gebe noch keine Strategie für Qualitätstourismus. Nun soll der ÖVP-Bürgermeisterkandidat, Rechtsanwalt und Hotelier Florian Kreibich am Tourismuskonzept mitarbeiten.

Die Vollbremsung des Tourismus während der Pandemie hätte dafür genutzt werden sollen, Lösungen zu erarbeiten. Stattdessen fängt der Tourismus-Arbeitskreis nun im Oktober und November mit ersten Workshops an. Da kommen schon die Besucherinnen und Besucher des Christkindlmarkts, die Einheimischen werden wieder zur Statisten in der Stadtkulisse und die Debatte wird erneut hochkochen. Der Overtourism muss bekämpft und den Einheimischen mehr Lebensqualität zurückgegeben werden. Wenn es die Regierenden nicht tun, müssen sie abgewählt werden. Das Ignorieren der Auswüchse des Massentourismus und das Nichtstun wird sich rächen. Denn Touristenmassen sind nicht normal.

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